Montag, 28. März 2011

Der Reiseführer


Da sitzen wir fest und warten auf Gott.
Und wenn nicht auf Gott, dann doch
auf Heißgetränke.
Auf dass uns die Bahn, ob der Störung am Plot
frisch gebrühten Tee ausschenke.
Wir sitzen hier fest und warten auf Fahrtwind.
So manchen wird in diesen Tagen schlecht.
Erst wenn der Schaffner neu zum Start winkt,
läuft der Regen an den Scheiben wieder waagerecht.
Wir sitzen hier fest, doch die Fahrt ist bezahlt,
wir lassen uns nicht ums Ticket betrügen.
Die Fahrt ist bezahlt, und wir sitzen hier fest,
genießen den Stillstand in vollen Zügen.

Man könnte ja aufstehen, man könnte.
Und aus dem Zug aussteigen.
Man könnte ja rausgehen, man könnte,
doch drinnen ist s trocken und warm,
man lädt sich selber ein zum Sitzenbleiben.
Und draußen geht das Leben weiter.
Im Radio singt Clueso, alles wolkig bis heiter,
ein Bänker hat Anstand, der Bäcker sein Brot,
ein Clown macht n Handstand und drüben
hält ein Bettler sich an seiner Not.

Und wir sitzen im Warmen,
wir sitzen bequem, warten auf die Reise,
ein Schnaps für die Herren und Rüsch für die Damen
der Schöpfung und Regen tropft senkrecht auf Gleise.

Uns ist das Kartenlesen einerlei
denn alle Wege führn nach Rom,
wir lesen einzig die mit Götterspeise.
Man könnte, wenn – man wollte schon -
doch wollen wir lieber nach Hawai.

Nur sitzen wir fest und wir warten
Die einen auf Fern- und die anderen auf Bauchweh
Die einen haben die Nachbarn gern
Die anderen im Garten nen Tauchsee.
Und draußen jagt ein Jäger einen Hasen
Und ein Verliebter sucht nach seinem Herz
Auf der Weide stehen Schafe, grasen
Und wünschten sich nen Pelz aus Nerz
Dazu spielt noch ein Streichorchester
Was drinnen keiner hört
Wir sitzen fest und sitzen fester,
keiner da, der sich dran stört.
Wir spielen:
Ich sehe was, das du nicht siehst,
und das sind Freilandeier.
Die Sonne geht auf und die Sonne geht unter,
in fernen Ländern lebt man störungsfreier,
lebt man bunter,
oder man versteckt den Nabel
für fremde Götter unterm Schleier.

Also sitzen wir und warten
lieber auf den eignen Gott
und die Welt in kleinen Raten
als kulinarisches Kompott

Und wir warten noch lange auf Fahrtwind
So manchen wird in diesen Stunden schlecht.
Erst wenn der Schaffner neu zum Start winkt,
läuft der Regen an den Scheiben wieder waagerecht.
Wir sitzen hier fest, doch die Fahrt ist bezahlt,
wir lassen uns nicht ums Ticket betrügen.
Die Fahrt ist bezahlt, und wir sitzen hier fest,
ein Rauschen dem Stillstand. In übervollen Zügen.

Und Freude herrscht!
schon lang nicht mehr.
Was herrscht, ist die Empörung.
Und Schuld daran ist Gott allein,
plus die Stellwerkstörung.

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